Asphericon Schulung
Erfolgsgeschichte

VR als Zukunft der Personalschulung

Virtuelle Realitäten sind ideal, um komplexe Szenarien in einer sicheren Umgebung zu simulieren – etwa Brände für Feuerwehrkräfte oder medizinische Eingriffe im Operationssaal. Als realistische Trainingsumgebungen eröffnen sie völlig neu Möglichkeiten in der Aus- und Weiterbildung von Fach- und Arbeitskräften.

VR im Einsatz: Ein Blick nach Thüringen

Ein konkretes Beispiel findet sich in Thüringen: Das Startup Consensive an der Bauhaus-Universität Weimar entwickelt zusammen mit dem Zentrum Digitale Transformation Thüringen (ZeTT) eine VR-basierte Weiterbildungslösung für das Jenaer Optikunternehmen asphericon. Angesichts des Fachkräftemangels in der Optikbranche setzt asphericon auf diese Technologie, um Schulungen an seinen hochspezialisierten Produktionsmaschinen durchzuführen. Die VR-gestützte Schulung soll nicht nur die Einarbeitungszeit für neue Mitarbeiter erheblich verkürzen, sondern auch Quereinsteigern neue Karrierewege eröffnen. Die Teilnehmenden können in realitätsnahe Arbeitsumgebungen eintauchen, in denen sie ohne körperliche Risiken und ohne Unterbrechungen der laufenden Produktion lernen und üben. Übrigens sind die optischen Systeme des Unternehmens weltweit gefragt: etwa in Satelliten der Weltraumorganisation ESA und in Laserschneidanlagen von Tesla.

Asphericon Schulung Fachkraefte
Consensive Entwicklung
Asphericon Software

Praxisnahe Simulationen für effektives Lernen

Mit der entwickelten VR-Trainingssimulation können zukünftige Mitarbeitende von asphericon praxisnah auf ihre Aufgaben vorbereitet werden. Sobald die VR-Brille aufgesetzt wird, sieht der Nutzer eine digitale Version seines Arbeitsplatzes, wo ein virtueller Avatar seine Bewegungen präzise widerspiegelt. In der 3D-Umgebung sind alle wichtigen Arbeitsbereiche – wie das Machining Center, der Mikroskopie-Arbeitsplatz und die Werkzeugablage – detailgetreu nachgebildet. Farblich markierte Bauteile und Schalter laden die Teilnehmenden ein, die ersten Schritte zu machen.

Die Schulung kann von einem menschlichen Trainer oder durch ein Selbstlernprogramm begleitet werden. Trainer können entweder mit einer eigenen VR-Brille teilnehmen oder die Schulung am PC oder Tablet überwachen. Während der Simulation üben die Teilnehmenden typische Arbeitsschritte, die sie später in der Realität ausführen werden. Fehler werden sofort angezeigt und können direkt korrigiert werden – das spart Zeit und verhindert teure Maschinenstillstände oder Materialverschwendung.

Zusätzlich haben die Trainer die Möglichkeit, den Lernfortschritt der Teilnehmenden zu verfolgen und auszuwerten. Sollte ein Teilnehmer mehr Übung benötigen, können bestimmte Aufgaben so oft wiederholt werden, wie nötig. Nach der Simulation wechseln die Teilnehmenden schließlich in die reale Arbeitsumgebung.

Ein Modell gegen den Fachkräftemangel

Die Einführung und Weiterentwicklung des VR-Trainingsprogramms
bei asphericon könnte ein Modell für ähnliche
Projekte im ganzen Land und darüber hinaus sein. So könnte
diese innovative Technologie vielen Menschen einen leichteren
Zugang zu neuen Arbeitsplätzen ermöglichen und gleichzeitig
dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Sven Kiontke
© asphericon
Sven Kiontke; Geschäftsführer asphericon

Fragen an die Experten:

Herr Kiontke, warum setzt asphericon auf VR-gestützte Trainingsprogramme?

Es ist kein Geheimnis, dass die Suche nach Arbeitskräften im Raum Jena besonders schwierig ist. Als Mittelständler setzen wir neben Fachpersonal verstärkt auf den Quereinstieg. Wir sind davon überzeugt, jede Person für das photonische Fertigungsumfeld fit machen zu können. Neben erstklassigen Arbeitsbedingungen (36h-Woche, Reduktion von Schichtarbeit) braucht es passende Tools, die den Einstieg schnell, einfach und im besten Fall spielerisch gestalten. VR hilft uns dabei maßgeblich.


Wie genau kann diese Technologie das Personaltraining verändern?

Mit VR können Mitarbeitende unabhängig von ihrem Standort und zu flexiblen Zeiten trainieren. Die immersive Natur von VR sorgt für ein tieferes Eintauchen in die Lernumgebung und verbessert die Lernresultate nachweislich. Physische Materialien oder Maschinen werden nicht mehr benötigt, was die Trainingskosten erheblich reduziert. Einmal erstellte Trainingsmodule können beliebig oft verwendet werden. Zudem können mehrere Mitarbeitende gleichzeitig und unabhängig voneinander geschult werden.

Wie reagieren die geschulten Personen auf den Einsatz der VR-Technologie?

Erste Schulungsrunden zeigen, dass VR eine effektive Methode ist, die den Schulungsprozess verbessert und zudem die Zufriedenheit sowie das Engagement der Nutzer steigert. Die größte Hürde ist dabei der Einstieg. Teilnehmende müssen sich an den Umgang mit der VR-Brille gewöhnen. War dieser Schritt erfolgreich, kann die leichte Bedienung überzeugen. Auch die Möglichkeit, Szenarien so oft wie nötig zu wiederholen und aus Fehlern lernen zu können, ohne das reale Konsequenzen entstehen, wird geschätzt. Letztlich stärkt die Arbeit mit moderner Technologie die Motivation und den Fokus.

Christian Schaedlich
© ZeTT
Christian Schädlich; Experte Thüringer Wirtschaft ZeTT

Herr Schädlich, spielt der Fachkräftemangel in der aktuellen Konjunkturkrise überhaupt noch eine Rolle für die Breite der Unternehmen?

Seit 2020 fühlen wir mit unserer Umfrage „ZeTT-Radar“ den Puls der Thüringer Wirtschaft. Im ersten Quartal 2024 hat es der Fachkräftemangel mittlerweile auf Platz Zwei der Geschäftsrisiken geschafft, noch vor den Preissteigerungen der letzten Jahre oder Kapital- und Zulieferschwierigkeiten. Im April 2024 gaben 56 % der Unternehmen an, unter Engpässen an Fachkräften zu leiden. Kurz gesagt: Ja, die Thüringer Unternehmen müssen weiter kreativ bei der Bewältigung des Fachkräftemangels sein. Neue Lern- und Ausbildungsmedien wie die VR-Technologie können ein kleiner Gamechanger sein, ebenso wie innovative Kooperationen zwischen Digitalwirtschaft, Industrie und Förderprojekten wie dem ZeTT.

Herr Dr. Kulik, wo finden die VR-Produkte von Consensive Anwendung in Thüringen?

Unsere Produkte kommen vor allem in drei Bereichen zum Einsatz: für museale Erlebnisse und Lernanwendungen mit digitalisierten Kulturgütern, für Planung und Monitoring von Infrastrukturgebäuden sowie als Lern- und Trainingsanwendungen bezüglich der Arbeitsweise und Bedienung von Maschinen und Produktionsanlagen. In den ersten beiden Feldern kommen unsere Grundlagentechnologien für die flüssige Darstellung sehr großer 3D-Modelle auf quasi beliebiger Hardware sowie deren Vernetzung für kooperative Arbeit und gemeinsame Erlebnisse zum Tragen. Unser wichtigstes Geschäftsfeld ist aktuell jedoch Fachkräftetraining. Dafür entwickeln wir sehr detaillierte Verhaltensmodelle der zu erlernenden Maschinen und Anlagen.
Dr Alexander Kulik
© Consensive
Dr. Alexander Kulik; Geschäftsführer Consensive


Ist die VR-Technologie das Schweizer Taschenmesser bei der Bewältigung des Fachkräftemangels?

Wenn Menschen eine neue Arbeit aufnehmen wollen und es nur an ihrer Ausbildung mangelt, dann bieten unsere Technologien tatsächlich ein vergleichbar nützliches Werkzeug. Jenseits von Erklärungen erlaubt uns soziale gemischte Realität eigene Erfahrungen zu machen und Arbeitsabläufe durch Beobachtung und Nachahmung zu begreifen sowie durch Wiederholung auch zu verinnerlichen. Virtuelle Verhaltensmodelle erlauben uns auch Fehler zu machen und daraus zu lernen, ohne dabei Mensch und Material zu riskieren. Nicht zuletzt kann die Technologie Fachfremden eigene Erfahrungen in neuen Tätigkeitsfeldern ermöglichen. Ich würde unsere Systeme gern in Jobcentern installieren, um damit Menschen für neue Aufgaben zu begeistern.

Wo kann man VR-Schulungen in Zukunft
erwarten?

Wo immer motorische Abläufe und kinematische Prozesse eine Rolle spielen und eigene Erfahrungen sonst nur mit hohen Risiken oder Kosten gesammelt werden können, bieten virtuelle Lernumgebungen eine optimale Alternative. Ohne die Initiative der Kollegen vom ZeTT wäre uns nicht zuerst in den Sinn gekommen, dass dies auch auf hochautomatisierte Produktionsprozesse in der Optikbranche zutrifft. Hier geht es um vergleichsweise wenige manuelle Arbeiten, die aber ein hohes Fehlerrisiko haben und anders kaum zu üben wären. Virtuelle Modelle können auch helfen, ein tieferes Verständnis grundlegender Prozesse zu gewinnen oder Fähigkeiten zu bewahren, die wegen hoher Automatisierung niemand mehr regelmäßig ausübt. Im besten Fall liegen bereits 3D-Planmodelle der eingesetzten Maschinen und Anlagen vor, aber das ist keine notwendige Voraussetzung.

Manfred Fuechtenkoetter
© ZeTT
Manfred Füchtenkötter; Experte digitale Technologien ZeTT

Herr Füchtenkötter, erwarten sie eine nachhaltige Veränderung bei der Qualifizierung von Fachkräften durch virtuelle Schulungsszenarien?

Virtual oder Mixed Reality haben in den letzten Jahren einen Hype-Zyklus durchlaufen. Nach den Versprechungen eines digitalen Metaverse, sind wir heute wieder auf den Boden der Realität zurückgekehrt. Das Technologiefeld ist gereift und Unternehmen in Deutschland setzen zunehmend auf bewährte Lösungen. Laut einer Bitkom-Befragung aus dem Jahr 2024 steht der Einsatz für Schulung, Aus- und Weiterbildung bei Unternehmen an oberster Stelle. Auch Bildungseinrichtungen setzen zunehmend auf die Technologie. Sie nutzen die Vorteile, die sich aus der Bereitstellung realitätsnaher Szenarien und Inhalte ergeben. VR soll dabei nicht das Lernen in realen Situationen ersetzen, sondern ergänzen und inhaltlich aufwerten. Fachkräfte profitieren davon, dass ihre Ausbildung schneller in die Praxis kommt und flexibler wird. Das beschleunigt und verbessert erfahrungsgemäß den Lernerfolg. Durch die Förderung des BMAS hat das ZeTT nun die Chance zum Experimentieren und Erproben einer passenden Lösung für die Optikbranche beim Unternehmen asphericon.