Bei
vielen (geförderten) digitalen Projekten handelt es sich um
Einzelmaßnahmen, die nicht in einer Dorf- oder
Stadtentwicklungsstrategie verankert sind. Aus Sicht der Digitalagentur
Thüringen sollten insbesondere zu fördernde Projekte eine ganzheitliche
Perspektive abbilden, einen großen Mehrwert für den Ort oder die Region
bieten und in einer übergeordneten Strategie integriert sein. Nur so
können eine abgestimmte Vorgehensweise, ein Zusammenspiel diverser
digitaler Formate und eine Skalierbarkeit gewährleistet werden. Um ein
strategisches Vorgehen zu initiieren, sollten Kommunen bei der
Entwicklung und Umsetzung strategischer Herangehensweisen und konkreter
Lösungen durch Förderinstrumente unterstützt werden.
Einführungen integrierter digitaler Entwicklungskonzepte
Ein gutes Beispiel für ein Förderinstrument könnte die in Bayern erprobte Umsetzung der sogenannten integrierten digitalen Entwicklungskonzepte (IDEK)
sein. Die IDEKs dienen als zentrale Planungs- und Steuerungsinstrumente
für die Digitalisierung in den Kommunen und beinhalten konkrete
Handlungsempfehlungen sowie übertragbare Lösungen für die künftige
Entwicklung. Im Jahr 2020 wurden in Bayern von 36 Bewerbungen fünf
Einzelkommunen und sechs interkommunale Zusammenschlüsse ausgewählt.
Innerhalb einer ca. 18-monatigen Bearbeitungszeit konnten diese
Modellkommunen/-regionen eine Digitalisierungsstrategie entwickeln. Die
Finanzierung erfolgte im Rahmen einer Projektförderung in Form von
zweckgebundenen Zuschüssen mit einem Fördersatz in Höhe von bis zu 60
Prozent der förderfähigen Ausgaben.
Für die Implementierung der
IDEKs in Thüringen bietet sich die Form eines Wettbewerbs an, bei dem
Kommunen oder interkommunale Zusammenschlüsse aufgerufen werden,
Digitalisierungsstrategien zu erarbeiten. Als Anreiz könnte die
Erstellung der Konzeptionen in Form einer Anschubfinanzierung
bezuschusst werden. Nach Zuschlag können die Kommunen oder Regionen dann
gemeinsam mit geeigneten Planungsbüros jeweils eigene, auf ihre
Bedürfnisse zugeschnittene Digitalstrategien entwickeln. Die Einführung
bzw. die Initiierung des Wettbewerbs zur Erstellung von IDEKs würde die
Einführung eines neuen Förderinstruments in Thüringen bedeuten.
Die Umsetzung der IDEKs bzw. der darin festgelegten Maßnahmen könnte durch bereits bestehende Förderinstrumente wie die Richtlinie zur Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung und der Revitalisierung von Brachflächen (FR ILE/REVIT) erfolgen. Ferner bieten sich die Förderrichtlinie zu Projekten und Maßnahmen der Regionalentwicklung und zur Gestaltung der Folgen des demografischen Wandels oder die Richtlinie zur Förderung von E-Government und IT in Thüringer Kommunen an.
Verankerung einer digitalen Perspektive bei der GEK-Erstellung
Um
die Verankerung digitaler Lösungen in kommunalen Strategien zu
forcieren, bietet es sich neben der Implementierung der IDEKs in
Thüringen zudem an, dass die zukünftig zu erstellenden Gemeindlichen
Entwicklungskonzepte (GEK) verstärkt auch digitale Aspekte und
Rahmenbedingungen betrachten. So könnte bspw. als Bedingung festgelegt
werden, dass die erarbeiteten Maßnahmenpläne in den GEKs auch digitale
Projekte beinhalten müssen. Alternativ kann im Rahmen der
GEK-Genehmigung bzw. -Anerkennung eine Prüfung im Sinne eines
Digitalchecks erfolgen, bei dem beurteilt wird, inwieweit die gesetzten
Ziele in Kommunen mit Hilfe von Digitalisierung (schneller/effizienter)
erreicht werden können.
Ferner können Bürger, Verwaltung,
DE-Beiräte oder auch DE-Planungsbüros in Bezug auf digitale Formate und
Lösungen im Vorfeld der GEK-Erstellung bspw. im Rahmen der „Schulen der
Dorferneuerung“ geschult und qualifiziert werden. So ließe sich ein
größeres Verständnis für die Möglichkeiten und Mehrwerte der digitalen
Lösungen im ländlichen Raum erzeugen. Zudem könnten die Stakeholder so
stärker für das Thema der strategischen Umsetzung digitaler Lösungen
sensibilisiert werden.
Implementierung von Digitallotsen
Um
im ländlichen Raum eine bessere Fokussierung auf die digitalen Themen
zu erreichen, bietet es sich an, sogenannte Digitallotsen
einzuführen. Diese können als Treiber der digitalen
Entwicklungsprozesse sowie als Projektentwickler und
Impulsgeber eine entscheidende Rolle bei der strategischen
Implementierung digitaler Lösungen im ländlichen Raum einnehmen. Die
Digitallotsen könnten auf Landkreisebene oder überordnetet auf
Freistaatsebene eingesetzt werden und v. a. Kommunen konzeptionell bei
der Fördermittelrecherche sowie bei der Beantragung von Fördermitteln
unterstützen. Im Dorferneuerungsbereich könnten die Digitallotsen –
ähnlich wie die Regionalmanager im LEADER-Bereich – die
Projektträger bei der Antragstellung beraten sowie in der
Umsetzungsphase unterstützen.
Ein vergleichbares Konzept wurde bereits in Sachsen etabliert. Ein Team bestehend aus fünf Digitallotsen
soll Wissen und Erfahrungen direkt an kommunale Bedienstete, sogenannte
Digitalnavigatoren, weitergeben. Zudem sollen die eingesetzten
Digitallotsen die digitalen Projekte sächsischer Kommunen begleiten
und Hilfestellung leisten.
Durch die Einführung in Thüringen
können Kommunen eine aktive und bedarfsgerechte Unterstützung auf ihrem
Weg zur digitalen Kommune erhalten. Darüber hinaus könnten die
Digitallotsen für einen besseren Abruf sowie einen zielgerichteten
Einsatz von Fördermitteln und damit verbunden für eine vermehrte
Umsetzung von digitalen Lösungen in ganz Thüringen sorgen. Durch einen
forcierten Wissenstransfer kann zudem eine Sensibilisierung der
Bevölkerung, der Politik, der Kommunen etc. sowie ein verbessertes
„Ausrollen“ von erfolgreichen Projekten auf ganz Thüringen erfolgen. Die
Digitallotsen können folglich einen entscheidenden Beitrag dazu
leisten, dass zu fördernde digitale Projekte eine ganzheitliche
Perspektive abbilden, einen großen Mehrwert für den Ort oder die Region
besitzen und in einer übergeordneten Strategie eingebettet sind.